Fürwahr, keine schlechte Idee, die der Herr Pferdeäffle mir da im StN-blog an die Backe klebte. Anekdötchen nannte er es. Anekdötchen!

Anekdoten aus meinem Lääben werden also dieses Blog noch mehr zu einem Tagebuch machen.
Zwandsläufig liegen die kleinen Begebenheiten in der fernen Vergangenheit und kommen mir nur dann wieder in den Sinn, wenn ein Irgendwer einen kleinen Fingerzeig gibt.
Mal sehen, worauf ich mit der Nase gestubst werde.
Selbstverständlich sind die kleinen Geschichten wahr!
Nichts daran ist erfunden, allenfalls leicht angepasst um nicht die
handelnden Personen bloß zu stellen.

Dieses Anekdötchen habe ich irgendwo als Kommentar hinterlassen, als ein anderer Leser meinte, ich ritte mit Knitz, meinem Blogbruder im Geiste, dem Sonnenuntergang entgegen:

I.

1965
Stuttgart - Premiere eines Karl May Filmes im Kino
Universum Königstrasse.

Götz George und Uschi Glas waren schon sicher im Hotel
am Schloßgarten eingetroffen. Eine nach hunderten zählende
Jungmenschentraube vor dem Hoteleingang.
Für ein ganz bestimmtes Taxi gab es kein Durchkommen.

Abgerissene Scheibenwischer und Beulen im Dach ließen den
Fahrer den Rückwärtsgang einlegen und in der Schmale
Strasse 11 Zuflucht suchen.

So kam es, daß Pierre Brice meine Uniform anzog, ich in seinen Popelinemantel schlüpfte, seinen kleinen Rauhaardackel Qunits auf den Schoß nahm und wir auf der Rückbank eines polizeigrünen VW-Käfers ganz langsam durch die tobende Menge in die Tiefgarage des Hotels fuhren. Lieferanteneingang in der Schlossgarten-Tiefgarage.

Winnetou die Hand geschüttelt haben schon viele.
Von ihm in den Arm genommen und ganz herzhaft gedrückt, wurden wohl nur wenige.

Ja, das hat etwas Vergleichbares.
Am Heslacher Wasserfall die Füße in den Nesenbach hängen,
ein Gläschen Trollinger genießen und den Joint der Erkenntnis
zu Kringeln paffen, die sich langsam über unsere Häupter legen.

Howgh. ____________________________________________

II.
Irgendwann um 1970.

Ich war damals einer von diesen grauen Lederärschen, die auf ihrer 500er BMW die Königstrasse entlang ritten. Langsam, den Blick stets auf die Gehsteige gerichtet. Ja, die Königstrasse hatte noch Bürgersteige, und rechts und links von den Strassenbahngleisen fuhren noch richtige Autos.
Und auf den Trottoirs liefen noch Elke Sommers, Karin Baals und Fahrah Dibas. Jedenfalls was die Frisuren anging.
Luftige Kleidchen, die sich gerne mal im Damensitz auf den Tank setzen ließen, um schneller zur nächsten Eisdiele zu gelangen.
Wählten sie den Herrensitz, hatten sie immer ganz verträumte Augen. Die Gummikuh vibrierte gehörig, und die leicht vorgebeugte Sitzhaltung bedingte, dass sich die Vibration vom Tankende auf die schmalen, nur durch winzige Stofffetzchen geschützten Mädchenbecken übertrug.
Wäre Charlotte Roche einmal in den Genuß dieser Art Mitfahrgelegenheit gekommen, hätte sie darüber geschrieben. “Wie entstehen Feuchtgebiete?”, hätte sie gefragt. Und gleich die richtige Anwort gegeben.
Just zu der Zeit war Rolf Moll Vorsitzender des Stuttgarter Automobilclubs.
Wir Rau-Reiter, benannt nach unserem Präsidenten Paul Rau, waren damals so etwas wie die anerkannte Elite der Stuttgarter Polizei.
Als schmückendes Beiwerk wurden wir gerne zu Trinkgelagen Feiern eingeladen, die irgendwie einen Bezug zum Motorsport hatten. Das hielt Rolf Moll über Jahre so.
(Erinnerungen an Hockenheim 1962 und 1972 im Maxim seien hier erlaubt)

An den Herrenabend im Sancoussi im Krumbachtal denke ich nicht nur deswegen gerne zurück, weil ich Herrn Verkehrs- und Jugendrichter W. Mickxxx dabei unterstützen konnte, zusammengerollte Geldscheine in eine Dame zu pfriemeln, die mit gespreitzen Schenkeln auf der Bar lag, “Komm mal her Junger, du kennscht dich mit dene Zuhälter aus. Halt mal auf hier!”, sondern auch, weil eine Sängerin aus Berlin dazu passende Texte intonierte.

Helen Vita. Helen Vita, die nach ihrem Auftritt und etlichen Flüssigbrötchen nicht wußte, wie sie wieder nach Stuttgart runter “weeste?” kommen sollte.
Kinnigs, ich, jung und knackig und noch nicht auf dem Viagra-Trip, bot mich natürlich sofort als Fahrer an. Auch natürlich, weil Helens eigener Pianist erkennbar oberschwul und angesäuselt war.
Und dann diese Frau ! Ich sage Euch, diese Frau!
Naja, noch zwei drei Schluck und sie wird zur strahlenden Schönheit.

Meine Hand landete jedesmal auf ihrem Knie, wenn ich bei meinem roten VW- Käfer (amerikanische Stoßstangen - LEO-CK 54) am Schaltknüppel zu tun hatte.
Mächtige Knie, aber das juckte mich nicht. Der Pianist schnurchelte auf der Rückbank.
Und ich war jung und brauchte das Geld diese neue Erfahrung.

Im Hotel am Schloßgarten dann saßen wir von 02.00 Uhr bis 04.30 in der Hotelbar und würfelten.
Nicht um das Recht der Nacht mit Helen, sondern um den nächsten Cognac.
(Alles auf ihr Zimmer geschrieben)
Wo der wieder erwachte schwule Pianist die Lederbecher und die bunten Würfel her hatte, habe ich nie ermitteln können.
Die Heimfahrt nach Warmbronn ist mir als erste einäugige Heimfahrt in Erinnerung geblieben. Sooooo besoffen bin ich vorher nur im Dienst unterwegs gewesen.
(siehe demnächst Eskorte König Hussein von Jordanien)

Nix war’s mit Kuckucksnest und nix mit Poppen einer Diva.
Ich hätte eh’ nicht gewußt, wo ich den Pianisten hätte einsperren sollen.
Und die Idee mit dem Besenstiel im Anus, und den Besen im Besenschrank abstellen, hatte ich damals schon verworfen.

PS.:
Ausserdem durfte ich in dem Hotel nicht auffallen, hatte ich doch Jahre später in Jochen Vogels (BMJ) Bett Probeliegen sollen.

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III.

Anfang der 80er Jahre

Alle Jahre wieder ist das abends ohnehin tote Stuttgart noch toter.
Das sind die Feiertage, an denen nicht einmal musikalisch umrahmte
Veranstaltungen zulässig sind. Musikverbot!
Fronleichnam zum Beispiel. (verballhornt als Happy Kadaver)

§ 8 des Gesetzes über Sonn-und Feiertage (FTG) verbietet
… sonstige öffentliche Veranstaltungen, soweit sie nicht der Würdigung
des Feiertages… dienen.

Die Betreiber einiger Bars und Discotheken hatten sich über die 110 beschwert,
daß im Jazzkeller Marienstraße bei prazzelvollem Lokal musiziert würde.
“Und wir halten uns ans Verbot”, teilten die “Herren ohne Namen” mit.

“Jo, da muasch selber na, des gibt en Uffstand wenn mir die Musik einstellet”!

Also schulterte oldman seine durch Wolfgang Dauner und Eberhard Glauner geschulten Gehörgänge und begab sich an den Ort des Verbrechens.

Unten an der Treppe standen die mir bekannten namenlosen Gesichter mit erwartungsfrohem Grinsen. Harrend, was der Bulle nun wohl machen würde.
Von der Bühne klang durch den wabernden Zigarettenrauch mir vertrauter Blues.
Ich hätte mich am liebsten vor eines der unzähligen Biergläser gesetzt.

Um die Heinis von der “Würgeschlange” nicht zu enttäuschen ging ich zielstrebig
auf die Bühne und hob den rechten Arm als wolle ich den Verkehr auf der Kreuzung
vor dem Hauptbahnhof regeln, hob allerdings nur ganz leicht meine Stimme,
ich hatte ja ein Microfon für mich allein.

“Der Bedeutung des Tages entsprechend”, teilte ich den Gästen mit, “dürfen
nur noch sakrale Musikstücke gespielt werden”, und so weiter blablabla .

Noch ein kurzes Gespräch mit dem Wirt und ich grinste mich an den
Beschwerdeführern vorbei die Treppe wieder hoch.
Begleitet von den Klängen, die so abrupt unterbrochen worden waren.

Die Beschwerden am nächsten Tag schmetterte Kerhard Koller,
Leiter der zuständigen städtischen Behörde, auch ein Jazzfan, ab.

Die Erinnerung kam wieder durch Schildkrööde!

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IV.
ca. 1966 / 67

Wasser für Canitoga Freddy Quinn.

Dinkelacker, Wulle und Hofbräu gehörten damals zu meinen
Grundnahrungsmitteln. Und natürlich Senfbrote.
Damals, das waren die späten 60er Jahre.
Bei einem Gehalt von 405,76 DM und 80 Mark Miete für ein Zimmer
in Stuttgarts Hangleiterstrasse musste ich mich stark einschränken.

OK, eine Halbe in der Brauerei Wulle war schon für 80 Pfennig zu
kriegen und Schulers Schnellgaststätte in der Königstrasse bot
preiswertes Mittagessen für 3 bis 4 Mark, aber für ein Nyltexhemd
(bügelfrei glatt) wollte das Kaufhaus UNION auch schon 12 Mark haben.

Nebentätigkeiten waren uns verboten. Wir waren ja Beamte und hatten
unsere ganze Kraft nur für den öffentlichen Arbeitgeber einzusetzen.

Da traf es sich gut, als als ich Katharina K. (29) kennenlernte.
Sie wollte nur meinen 20 Jahre jungen Körper, den ich natürlich völlig
uneigennützig hergab.
Sie hatte sogar ein Auto, VW 1200, und eine Eigentumswohnung in
der Dürrlewangstrasse.
Was sich als besonders nützlich herausstellte, waren ihre Beziehungen
zum damaligen SDR .
Ich wurde in die Liste der Statisten aufgenommen.

Von da an rollte der Rubel.
Für einen Drehtag bekam ich 75 Deutsche Mark bar auffe Kralle.
Egal ob ich einen ganzen Tag am “Set” sein musste oder nur eine Stunde.
Ja, mir ging es damals ganz gut.

Für eine Personality Sendung über / mit Freddy Quinn wurde ich in ein
Clownskostüm gesteckt. Mit roter Nase! Natürlich!
Schon beim Ankleiden und Schminken lernte ich Freddy Quinn kennen.
Und ich lernte die ca. 7 echt tollen Weiber kennen, mit denen Freddy als Weiberheld getarnt, zu Aufnahmen anzureisen pflegte.
(Es war noch nicht üblich zu bekennen:” Ja ich bin schwul und das ist gut so”.)

Freddy Quinn sollte einen Clown (auch mit roter Nase) spielen, der einem anderen
Scherzbold einen Eimer Wasser über den Kopf stülpt.
Während Freddy also in der 5 Meter im Rund messenden Manege laustark lamentierte,
sollte ich mit einem 10 Liter fassenden Eimer in meinen halbmetrigen Clownsschlappen
die Manege entern und dem großen Freddy den vollen Eimer übergeben.
Und so tat ich es auch.
Dass Freddy zwei Mal daneben griff, ich den Eimer allerdings schon los liess und der Inhalt
die Manege voll krass nass machte, war nicht weiter schlimm.
“Das Ganze noch einmal”, so Theo Metzger (Regie) …… “MAZ ab!”

Nach drei “Takes” war es im Kasten. Ich konnte Freddy Quinn das Wasser reichen,
war um 75 Mark reicher und tüdelte mir noch im Studio einen an.
Denn !!!
Freddy Quinn spendierte jedesmal einen oder zwei Kasten Bier für den
Aufnahmestab und die Mitwirkenden.

Das war bei Willy Reichert leicht anders.
Als Bürgermeister von Krottenbrunn mümmelte er in Drehpausen stets seine
Butterbrote aus der Aludose. Nur weil ich jung war (”da komm her Bub”) gab
er mir einmal eine Wurststulle ab.

Wenn in den Folgejahren aus dem Radio irgendwo Freddy Quinn mit einem
Seemannslied zu hören war, stimmte ich ein.
Hör auf, dem kannst Du nicht was Wasser reichen“, störte mich nicht.

Ich wusste es besser.

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Anekdötchen V. als Flash Datei wg. Dingensbums:
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Anekdötchen VI.
1998 bis 2005

Seine letzten fremdbestimmten arbeitsreichen Jahre hat oldman bei einer
Dienststelle verbracht, die sich DV nannte.
Datenverarbeitung.
Wobei nicht eigentlich die Verarbeitung von Daten zu seinen Aufgaben
gehörte, sondern das Kümmern um die Hard- und Software zur Datenverarbeitung.
Computer!
Der damals anstehende Jahreswechsel 1999 - 2000 hatte allen Menschen und
Firmen die Schisse in die Hosen getrieben, weil die Programme oft noch für
8 Bit Prozessoren geschrieben waren.
Eine technische Erläuterung erspare ich mir an dieser Stelle.

Da oldman schon Mitte der 80er Jahren in Assembler programmiert hatte
(reines Hobby) und unter anderem einen BTX Software-Decoder für die
Prozessoren 6502 und 6510 nebst Zilog 80 geschrieben hatte, die im C64 und
irgendeinem Atari ST verbaut wurden, schien er ein geeigneter Mann.

Die Zeit glitt vor sich hin und die Betriebssysteme wechselten.
Vom HP Vectra mit MS DOS 2.01 über SNI 130 mit NT 4.0 bis SNI 800 mit XP Prof.
Immer begleitend übrigens: M-Text von Kuehn&Weih.
Ein Freudekiller bei der Datenssicherungen im Crashfall.

Irgendwann erhielt jeder Mitarbeiter seinen Arbeitsplatzdrucker.
Jeder hatte seinen eignen Drucker und überraschte die Familie mit bunten
Bildchen in möglichst hoher Auflösung.

Teuer auf Dauer, sehr teuer.

Also wurden über das IM (Innenministerium) Laserdrucker beschafft.
Netzwerkfähig mit eigener Netzwerkkarte.

In Zukunft war also das Ausdrucken umfangreicher Dokumente auf
Netzwerkdruckern angesagt.
Ein Drucker im Netzwerk kann stehen wo er will. Die Daten werden auch
von Stuttgart aus in Hamburg gedruckt, wenn es so sein soll.
Tolle Sache, das.

Innerhalb der Behörden standen diese Drucker in Räumen zu denen jeder
Mitarbeiter Zutritt haben mußte um seine Druckwerke auch in Händen
halten zu können.

Nun gab es natürlich diese Schlaule.
Diese Menschen, die alles besser wissen.
Meist Dienststellenleiter oder ihre gleitgecremten Schmalschultern.

Solch ein Schlaule bei der KriminalpolizeiInspektion, die sich im Volksmund
als Mo**********on etabliert hat, stellte den Netzwerkdrucker auf den
Korridor vor die Büros.

Da stand er dann. Die weitere Möblierung bestand aus Sitzbänken, auf denen
die vorgeladenen Zeugen oder auch (im Zuge der Ermittlungen) Tatverdächtige,
ihre Beine entlasten konnten.

Da saßen sie also so rum und schwitzten in Erwartungsangst, während der
Drucker im Schnelldruck zu rappeln begann.

Interressantes Zeug kam da raus. Mal gucken.
Ist ja ausser uns keiner da.

Wir von DV bekamen es erst mit, als der oben erwähnte Oberschlaule sich über
Telefon beschwerte, dass sein HP Deskjet kaputt sei.

Ich hab’ alles gemacht, der druckt einfach nicht. Immer wieder“.

Da die alljährliche, für Beförderungen maßgebliche Beurteilungsrunde anstand,
hatte er alle Beurteilungen, u.A. hinaus auf den Gang geschickt.

Ich so: “Du, Du musst im Menü erst den Drucker auswählen sonst schreibt
der alles auf den zuletzt Gewählten!”

Er so: “Ach so?!”

Oberschlaule!
Wir hätten im liebend gern einen rein gewürgt. Macht man aber nicht.
Ich gehörte ja auch mal dazu im Wege meiner Verwendungsbreite.
Trotzdem spricht sich sowas rum und kann die Karriere knicken.

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